Neues :: aus der Kanzlei
Kurzes Innehalten - August 2022
Ende August 1982 habe ich mein 2. Staatsexamen abgelegt. Für die mündliche Prüfung hatte ich eigentlich keine Zeit, da ich wenige Wochen zuvor, Anfang August, mit meinem damaligen Sozius und Freund Josef Stierstorfer am Paulsplatz in Frankfurt am Main unsere Anwaltskanzlei eröffnet habe und meine erste Terminkollision - mündliche Prüfung oder Mandatstermin -durch Prioritätensetzung gelöst werden musste - es hat geklappt, aber es war auch das einzige Mal, dass Mandanteninteressen kurzzeitig zurückstehen mussten. Im September habe ich meine Anwaltszulassung am Landgericht Frankfurt erhalten und wurde vereidigt, nun konnte das Kanzleischild aufgedeckt und der Briefbogen verwendet werden. Seit nun dreißig Jahren bin ich in Leipzig, anfänglich als überörtliche Sozietät, und seit 20 Jahren als gross::rechtsanwälte, überörtlich tätig.
Ich konnte mich spezialisieren und Erfahrungen sammeln, vor allem Kolleginnen und Kollegen um mich sammeln, mit denen ich kürzere oder längere Zeit engstens das Profil der Kanzlei schärfen und weiterentwickeln konnte. Es gab Fluktuation und es erfüllt mich mit Stolz, dass alle ihren Weg entwickelt haben (auch wenn der Abgang für mich meist auch traurig war).
Meine Berufswahl war für mich richtig: als selbständiger Rechtsanwalt unabhängiger Interessenvertreter. Und ich denke, dass ich immer auf der richtigen Seite stand, vielleicht mal mehr und auch mal weniger. Es ging und geht mir auch stets, über die individuelle Interessenvertretung hinaus, die natürlich im Vordergrund stehen muss, um die Durchsetzung und Weiterentwicklung von Recht und Rechtsprechung. Insoweit wird die anwaltliche Tätigkeit in unzähligen Verfahren an allen Gerichtszweigen und in allen Instanzen, vor allem auch am Bundesarbeitsgericht, dem Bundesverfassungsgericht und dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof, dem EuGH und gelegentlich auch im Ausland, ergänzt durch berufspolitisches Engagement und Beratung gesetzgeberischer Körperschaften. Und ich konnte mir in den Jahren eine kleine "Privatsammlung" besuchter Gerichte insbesondere in der Arbeits- und Zivilgerichtsbarkeit anlegen - ich war und bin in jedem Winkel Deutschlands und mitunter darüber hinaus tätig. Das eröffnet Einblicke in unterschiedliche Mentalitäten, auch Ergebnisse - auf Grundlage des jeweils gleichen und vergleichbaren Rechts.
Interessant waren und sind für mich die Umwandlungsprozesse vor allem auch in den europäischen Nachbarländern, wie Tschechien, Slowakei mit meiner Lieblingsstadt Bratislava, Polen und den baltischen Staaten. Krass sind für mich immer noch Erlebnisse und Erfahrungen im chinesischen Rechtssystem, vielleicht manchmal (zeitweise) auf dem richtigen Weg zum Rechtsstaat, aber es bedarf doch eines Einstellens auf mir völlig fremde Wertmaßstäbe und Normenhandhabung. Schmerzhaft ist die Entrechtlichung in Russland und der Türkei. Ich wünsche mir weiter ein wertebasiertes, verlässliches System von Recht, letztlich die Grundlage jeder anwaltlichen Tätigkeit - und auch der notwendige Kitt für den Zusammenhalt und die Entwicklung von Gesellschaften.
Ich freue mich, weiter die Interessen unserer Mandanten engagiert - und nun auch mit Erfahrungen - vertreten zu können, dies gemeinsam mit ebenso engagierten und zur Rechtsdurchsetzung und -weiterentwicklung qualifizierten KollegInnen.
Es ist noch lange nicht Schluss!
Mit freundlichem Gruß
Roland Gross
gross::rechtsanwaelte
Recht :: Aktuell
Rechtsschutzversicherungen müssen auch bei Kündigungsandrohung zahlen
Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 19.11.2008 (Aktenzeichen: IV ZR 305/07) seine ständige Rechtsprechung bestätigt, dass bereits bei Androhung einer Kündigung die Rechtsschutzversicherer die Vergütung eines eingeschalteten Rechtsanwaltes übernehmen müssen.
Maßgeblich ist nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur die Frage, ob der Versicherungsnehmer den Vorwurf eines Rechtsverstoßes durch den Gegner objektiv begründen kann. Dies ist bei der widerrechtlichen Androhung einer Kündigung der Fall. Diese Rechtsprechung des obersten deutschen Zivilgerichtes zeigt einmal mehr, dass eigentliche Selbstverständlichkeiten von den Rechtsschutzversicherern oft nicht anerkannt werden. Es lohnt sich also in jedem Fall, die Absage eines Rechtsschutzversicherers kritisch zu überprüfen. Für Rückfragen steht Rechtsanwalt Tino Drosdziok, tätig im Versicherungsrecht, gern zur Verfügung.
Neuregelung der Erschaftsteuer beschlossen
Am 05.12.2008 stimmte der Bundesrat dem Gesetzesentwurf zur Neuregelung der Erbschaftsteuer zu. Die Neuregelungen treten zum 01.01.2008 in Kraft.
Mit dem neuen Gesetz soll ein Kompromiss geschaffen werden, der die generationenübergreifende Gerechtigkeit im Land sichern soll. Ob dies gelingt, bleibt jedoch abzuwarten. Im Einzelnen ist Folgendes zu beachten:
Die Vererbung der selbst genutzten Wohnimmobilie an einen Ehegatten bzw. an den eingetragenen Lebenspartner bleibt steuerfrei. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sie nach dem Erwerb 10 Jahre lang vom Erwerber selbst zu Wohnzwecken genutzt wird. Ansonsten entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend, wobei jedoch einige Ausnahmen bei Vorliegen von „zwingenden Gründen“ wie Tod oder Pflegebedürftigkeit gelten. Wird die Wohnimmobilie an Kinder oder Enkel, deren Elternteil bereits verstorben ist, vererbt, fällt ebenfalls keine Erbschaftsteuer an, wenn die Fläche unter 200 m² groß ist. Auch hier gilt jedoch die 10-Jahres-Regel.
Für Firmenerben wird es zukünftig zwei Möglichkeiten geben, deren Wahl bindend ist, d.h. nachträglich nicht mehr abgeändert werden kann.
1. Möglichkeit: Firmenerben, die den Kernbereich des ererbten Betriebs 7 Jahre fortführen, werden von der Besteuerung von 85 % des übertragenen Betriebsvermögens verschont. Voraussetzung ist jedoch, dass die Lohnsumme nach 7 Jahren nicht weniger als 650 % der Lohnsumme zum Erbzeitpunkt beträgt. Daneben darf der Anteil des Verwaltungsvermögens am betrieblichen Gesamtvermögen höchstens 50 % betragen.
2. Möglichkeit: Firmenerben, die den ererbten Betrieb im Kern 10 Jahre fortführen, werden komplett von der Erbschaftsteuer verschont. Voraussetzung ist allerdings, dass die Lohnsumme nach 10 Jahren nicht weniger als 100 % der Lohnsumme zum Erbzeitpunkt beträgt. Daneben darf der Anteil des Verwaltungsvermögens am betrieblichen Gesamtvermögen höchstens 10 % betragen.
Einige Ausnahmen hiervon gibt es im Bereich der Landwirtschaft.
Eine kompetente Beratung in diesem Bereich lohnt sich somit, um überhöhte Steuerzahlungen zu vermeiden. Für Rückfragen stehen Rechtsanwältin Kerstin Holliger, tätig im Steuerrecht, sowie Rechtsanwältin Julia Persike, tätig im Erbrecht, gern zur Verfügung.
Neuregelung der „Pendlerpauschale“ ist verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 09.12.2008 (2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 1 BvL 1/08, 2 BvL 2/08) die Neuregelung der „Pendlerpauschale“ gekippt.
Die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte konnten bis zum Jahr 2006 als Werbungskosten oder Betriebsausgaben bei dem einkommensteuerpflichtigen Einkünften abgezogen werden. Dies geschah grundsätzlich in Form einer von den tatsächlich entstandenen Kosten unabhängigen Pauschale je Arbeitstag in Höhe von zuletzt 0,30 € pro Entfernungskilometer. Mit Wirkung ab 2007 bestimmte der Gesetzgeber jedoch, dass die Aufwendungen für die regelmäßigen Fahrten zur Arbeitsstätte keine Werbungskosten mehr darstellen, sondern vielmehr zur Abgeltung überhöhter Aufwendungen für Fahrten ab dem 21. Entfernungskilometer eine Pauschale von 0,30 € wie Werbungskosten anzusetzen sind. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch nunmehr entschieden, dass diese Neuregelung mangels verfassungsrechtlich tragfähiger Begründung mit den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 GG nicht vereinbar und damit verfassungswidrig ist.
Der Gesetzgeber ist nunmehr verpflichtet, rückwirkend ab dem 01.01.2007 die Verfassungswidrigkeit durch Umgestaltung der Rechtslage zu beseitigen. Bis zur gesetzlichen Neuregelung ist die „Pendlerpauschale“ vorläufig bereits ab dem ersten Kilometer zu gewähren. Die Bundesregierung hat bereits angekündigt, es auch rückwirkend hierbei zu belassen. Die Finanzämter sollen angewiesen werden, die von Amts wegen zu veranlassenden Rückzahlungen für das Jahr 2007 möglichst schon in den ersten 3 Monaten des Jahres 2009 zu leisten.
Rechtsanwältin Kerstin Holliger steht Ihnen bei weiteren Fragen zum Steuerrecht gern zur Verfügung.